pferde-rhein-main@t-online.de
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit vielen Jahren schätzen wir die kleine, aber feine, Ihre „PFERDE Rhein-Main“ und ihre fachkundigen Informationen. Zum Beitrag von Frau Rieden, in der Septemberausgabe: „Landgestüt darf bleiben – Hengste werden abgeschafft“, möchten wir ein paar Anmerkungen machen.
Leserbrief:
Schließung des
Landgestüts Dillenburg
Der Grüne Dank
des Landes Hessen?
Viele Bürger der Stadt, ihr Rat,
sogar der Bürgermeister, protestieren gegen den Verkauf der Zuchthengste – nur die Grünen nicht. Was ist den Grünen so erstrebenswert an einem Dillenburg ohne Landgestüt?
VON ELKE & KARLHEINZ DAMEROW
Vor dem Tor 4
35759 Driedorf-Heisterberg
im Oktober 2017

- Die Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ist bisher kein Jota von ihrer Anordnung der „totalen Schließung des Landgestüts Dillenburg“ abgerückt. Ganz im Gegenteil, allen Protesten und Petitionen der Bevölkerung zum Hohn, verfügte sie nun den unverzüglichen Verkauf der Zuchthengste. Ein Gestüt ohne Zuchthengste ist kein Gestüt mehr. Damit ist auch das ultimative Ende für alle Pferde an der Wilhelmstraße besiegelt. Eine Reit- und Fahrschule ohne hoheitlichen Auftrag, die in den historischen Gestütsgebäuden nur geduldet wird, ist über kurz oder lang in privater Hand. Die jüngsten millionenschweren Sanierungen dienen der Erhaltung der Bausubstanz denkmalgeschützter Gebäude – und, unverblümter Weise, der Steigerung ihrer Attraktivität für Immobilienspekulanten.
- Die Grüne Ministerin ist nicht die Initiatorin, sie ist „nur“ die Ausführende eines lange vor sich hin dümpelnden Ausstiegs der Landesregierung aus der Verantwortung für die regionale Pferdezucht. Ein Abschied, der schon im frühen letzten Jahrhundert, mit dem Verkauf der Weiden des Gestüts zwischen Dillenburg und Niederscheld begann. Die Verlegung der Verwaltung des Gestüts nach Kassel, zu „Kraut und Rüben“, markierte dann den Beginn des schleichenden Verlusts seiner besonderen Identität und hoheitlichen Aufgaben, vom Kopf her. Diverse Leiter folgten so schnell aufeinander, dass keiner seine Beamten-Karriere auch nur durch die Andeutung einer prägenden Wirkung auf die Sicherung ihrer staatlichen Daseinsberechtigung gefährden musste. Mit der Übernahme des Hessischen Verbandes für Pferdezucht durch den Niedersächsischen Verband verabschiedete sich schließlich auch der letzte Rest nicht kommerzieller Zielsetzungen der Pferdezucht in diesem Land.
- Ein Teil der Begründung für die Schließung des Landgestüts Dillenburg hier und heute ist denn auch, dass Pferdezucht 2017 keine hoheitliche Aufgabe mehr sein könne, weil schließlich weder Militär noch Landwirtschaft Pferde mit bestimmten, gesicherten Eigenschaften nachfragen. Wer könnte dem widersprechen? Der nicht ausgesprochene, grobmotorische Turnschuh-Grüne Kern dieser Begründung lautet dann aber: Die Zucht von Freizeit- und Sportpferden für das Hobby „reicher Pferdebesitzer“ darf nicht mehr durch beamtete Fachleute und mit Steuergeldern subventioniert werden. Welches inbrünstig Grüne Interesse auch immer, es bewog die Grünen-Fraktion im Stadtrat, als Einzige nicht gegen den Verkauf der Hengste zu protestierten. Der Verweis auf angeblich nicht zu rechtfertigende „hohe“ Kosten des Gestüts (nicht einmal 1,5 Millionen pro Jahr = weniger als 25 Cent pro Bürger = insgesamt weniger als 0,1 Promille der über 27 Milliarden des Landesetats) offenbart aber doch in Wahrheit die politische Verweigerung der Verantwortlichen (Grünen). Die Verweigerung, seine durchaus gegebene, zeitgemäße und von Natur unkommerzielle, kulturelle Aufgabenstellung im Interesse aller Hessischen Bürger überhaupt ernsthaft in Betracht zu ziehen.
- Sechstausend Jahre Geschichte der Ausbeutung des Pferdes durch den Menschen wurde durch hundert Jahre Ottomotor und Erdöl beendet. Nun soll mit dem Argument fehlenden Profits die nahezu letzte Institution geschlossen werden, in der die Erinnerung an diese einmalige Kultur der Koexistenz zweier Tierarten bewahrt werden könnte. In der das Mensch-Pferde-Zeitalter für uns Nachfahren in der „Zeitblase Landgestüt“ erlebbar bleiben könnte. Wohlfeile Schlagworte wie Biodiversität, Genpool, regionale Rassen, Rückkreuzung... haben in einer wahrhaft hoheitlichen und zeitgemäßen Aufgabenstellung eines jeden Landgestüts, mindestens in jedem Bundesland, eine jeweils eigenartige, hochrangige, hoheitliche(!) Berechtigung. Gegenüber der staatlichen Finanzierung solch plakativ zweifelsfreier Kulturgüter wie Schlösser und Weingüter allemal.
- Zum Schluss zum armseligen Beitrag der Tierschutzbeauftragten des Landes Hessen (Mitglied im Beirat der Tönnies-Forschung). Nach ihrer Einschätzung wurden die Pferde in Dillenburg seit Jahrzehnten ohne Weidegang „gequält“. Seit 25 Jahren also in ihrer Verantwortung. Um aber nach ihrer Kenntnis(!) drohenden Klagen einer US-amerikanischen Tierrechtsfirma zuvor zu kommen, rät sie, das Gestüt unverzüglich zu schließen. Derartig postfaktische, mehrfach sachverständig widerlegte Einschätzungen schaden nicht zuletzt dem Ansehen aller, die sich rechtschaffen für artgerechtere Tierhaltung – besonders auch in der Fleischindustrie – einsetzen. Den Zuchthengsten, die nun nach dem Willen ihrer obersten Schützerin verkauft werden, wird damit ein Lebensabend in ihrer vertrauten Welt im Gestüt verweigert. Im Namen eines heuchlerischen Tierschutzes und in Erinnerung an sechstausend Jahre Ausbeutung durch den Menschen, erwartet sie der Dank des Landes Hessen, wie die meisten Pferde, die keine Aufgabe mehr haben, die keinen Gewinn bringen: Sie gehen zum Metzger oder werden nicht mehr geboren. Im Namen einer Grünen Ministerin aus Herborn und ihrer Tierschutzbeauftragten. Im Namen einer Frau Hinz und einer Frau Martin?!
###

nach oben


zurück zu: Pferde

zurück zu ekdamerow